ABHÄNGEN
4. Januar 2009 | Von admin | Kategorie: FotografieGerade wird ein Dokumentarist durch die Gazetten gereicht, dem fast die Erfindung eines neues Genres angedichtet wird und das einzig deshalb, weil er in Europa und den USA Jugendliche beim Nichtstun fotografiert, wie sie gelangweilt abhängen, dösig irgendwohin in die Gegend gucken, weil sie nicht wissen, dem liebenlangen Tag einen tieferen Sinn abzugewinnen. Ein Allgemeinplatz der westlichen Kultur, die es sich offenbar leisten kann, ganze Generationen an Schulabgängern den Einstieg in die Gesellschaft zu verweigern und sie arbeitslos nennt, wenngleich die meisten von ihnen noch nie versicherungspflichtig gearbeitet haben. Zuletzt zu besichtigen an den Unruhen in Athen und Thessaloniki und in anderen griechischen Städten.
Das Spektakuläre an Tobias Zielonys Fotografien ist der oben angerissene Tatbestand denn weniger seine neue Sichtweise. Die ist bekannt. Im Zwielicht aus der Mitteldistanz und analog fotografiert erinnert sie an britische Vorbilder wie Tom Wood, an Paul Seawright, bei dem Zielony übrigens in Wales studierte, bevor er in die Klasse von Timm Rautert nach Leipzig wechselte.
Jetzt wird er im Kunstmagazin »Monopol« und im Feuilleton der »Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung« abgefeiert. Hintergrund ist Zielonys Ausstellung »Story/No Story« im Museum für Photographie in Braunschweig, die noch bis zum 29. Januar 2009 läuft.
Konzeptuell geht Zielonys Herangehensweise angeblich auf eine Theorie des Filmemachers Harun Farocki zurück: Das proletarische Britannien streife die Trainingsanzüge über, als es arbeitslos wurde, so wie sich Leistungssportler in den Wettkampfpausen warm halten. Mit Verlaub: Dieses Phänomen ist ab 1982 im Ruhrgebiet von Fotografen wie Andreas Weinand hervorragend thematisiert worden. Aber wen interessiert das Ruhrgebiet?