MUZAK
2. November 2008 | Von admin | Kategorie: Fotografie1996 © Apagya
Sicher ist es in mancher Augen ein unpopuläres Unterfangen, eine Fotografie-Ausstellung im Museum Folkwang in die Kritik zu nehmen, deren Kuratorin ausgerechnet Ute Eskildsen ist, die zu den ausgewiesenen Experten für zeitgenössische Fotografie zählt und ihr Anteil an der Entschlüsselung der Fotografie-DNA unbestritten ist. Doch ähnlich wie die für Verwirrung sorgende und große Unsicherheit stiftende »neue« Rechtschreibreform, die mehr eine Beliebigkeit gefördert hat denn für Klarheit sorgt, hat die geschmäcklerische sowohl-als-auch-Deutung von Fotografie der Beliebigkeit Tür und Tor geöffnet. Auf der Doppelhelix der Redundanz eine bildnerische Qualität zu entdecken und darüber hinaus einen Zeitbefund zu formulieren, gleicht der Quadratur des Kreises.
Und so folgt die Ausstellung »Street & Studio« im Museum Folkwang auch der dürren These, Zitat: »… dass die Schaulust eines urbanen Publikums … die beiden unterschiedlichen Orte der Fotografie (Straße und Studio) erst hervorgebracht hat.«
Diesen Satz muss man sich erst einmal auf der Zunge zergehen lassen, um zu dem Schluss zu kommen: das Museum Folkwang steckt in der Krise: kein Geld, kein richtiges Konzept, ein Schnellschuss, Schaufenstergestaltung wegen des Neubaus oder sind 30 Jahre Vorsitz im fotografischen Politbüro zuviel des Guten? Dagegen helfen auch die zahlreichen Leihgaben wenig, die der Ausstellung zumindest vordergründig den Eindruck verleihen, Eskildsen sei auf Augenhöhe ihres eigenen Anspruchs, »eine urbane Geschichte der Fotografie« zu erzählen.
Besonders auffällig ist der globale Zitatpop. Kreuz und quer und vor allem häppchenweise werden große Namen en masse serviert, um die konzeptionelle Schwäche der Ausstellung zu kaschieren: von Andres Serrano zu Pieter Hugo zu Sarah Jones zu Jürgen Teller zu Thomas Ruff zu Wolfgang Tillmans zu Martin Parr. Auch ja, Bücher von Araki und Moriyma und William Klein. Darf es auch ein bisschen Mapplethorpe sein, Diane Arbus, Cartier-Bresson, Penn, Robert Frank? Und so weiter. Wem diese Ausstellung die Augen öffnen soll, weiß wahrscheinlich niemand, außer Ute Eskildsen selbst. Spätestens im vierten Ausstellungssaal vergeht einem die »Schaulust«, weil das Gezeigte der Wiederkehr des ewig gleichen das Wort redet. Man kann es auch anders sagen: Wer sich wiederholt, hat nichts Neues mehr zu sagen.
Diese Art der Geschichtsschreibung passt zum verblassenden Folkwang-Mythos. Galt das Museum Folkwang einst als Seismograph für Tendenzen zeitgenössischer Fotografie, haben ihm Galerien und andere Museen längst den Rang abgelaufen. Wer sich über zeitgenössische Fotografie informieren will, ist andernorts wie etwa im weltoffenen FOAM deutlich besser aufgehoben als im germanischen Mythentempel.
Street & Studio
Museum Folkwang, Essen
bis 11. Januar 2009