RICARDA S.
29. Oktober 2008 | Von admin | Kategorie: Fotografie
Der straßentaugliche Philosoph Dieter Bohlen sagte einmal selbstvergessen: »Erinnerungen kommen, Erinnerungen gehen«. Woher sie kommen und wohin sie gehen, ließ »der Dieter« offen. Er will die Tiefsinnigkeit nicht zu weit treiben, denn sie könnte für Verwirrung sorgen. Verwirrung? Gestern Abend überkamen mich Erinnerungen an die Satanistin »Ricarda S.«, die 1989 ihre Erlebnisse über ihren Ausstieg aus einer satanischen Sekte im Ruhrgebiet im Frankfurter »Eichborn Verlag« veröffentlichte. Eine Geschichte über Opferkulte, Sado-Maso-Praktiken, Prostitution.
»Ricarda S.« lernte ich während meiner Recherchen für eine MARABO-Reportage über Gruftis (Gothics) in der Bochumer Düsterdisco »Zwischenfall« kennen. Die damals knapp Mittzwanzigjährige erzählte mir von ihrer Abkehr vom Satanskult und dass sie ihre Kenntnisse über das Innenleben des Kults und dessen Manipulationstechniken, junge, nichts ahnende Gruftis für die Sekte anzuwerben, als Mitarbeiterin des Essener »Sekteninfos« zur Verfügung stelle.
Der »Stern« und »SPIEGEL TV« interessierten sich für »Ricardas« Geschichte aus den religiösen Niederungen der Zivilisation. Doch Ricarda wollte anfangs weder vor die Fotokamera noch vor die Fernsehkamera. Im Nachhinein war mir klar, warum.
1989 veröffentlichte ich im Ruhrgebiets-Monatsmagazin MARABO die hierzulande erste Reportage über die Schwarzkittel-Fraktion der Gruftis. Überschrift der 5-Seiten-Titelgeschichte: »Haarspray für den Teufel«. Aus verlegerischer Sicht ein Volltreffer: Mitte des Monats war das Magazin ausverkauft.
Als Co-Autor des jetzigen »SPIEGEL«-Chefredakteurs Georg Mascolo drehten wir einen Fernsehbeitrag über Gruftis. Im Zuge dessen wollte auch »Ricarda« dem »SPIEGEL«-Ableger ein Interview geben. Mascolo garantierte ihr, während des Filmschnitts Gesicht und Stimme technisch so zu verändern, dass eine Erkennung ihrer Physiognomie unmöglich sei. Nach den ersten bohrenden Fragen zu ihrem Ausstieg aus dem Satanskult brach »Ricarda« das Interview ab.
»Satanspriesterin Ricarda S.« / 1990 © Kurt Schrage / all rights reserved
Nachdem der Grufti-Beitrag auf »SPIEGEL-TV« gesendet worden war, wollte der »Stern« einen Abdruck von »Ricardas« Lebensgeschichte als Satansbraut veröffentlichten. Ich fotografierte sie an der Uni Wuppertal, vor der kultischen Blutbuche im Schlosspark von Bochum-Weitmar und in einer geheim gehaltenen Wohnung irgendwo in Mülheim. Auf der Autofahrt dorthin musste ich auf dem Beifahrersitz eine alberne schwarze Augenbinde tragen. Darauf hatte »Ricarda« bestanden, schließlich war sie eine Meisterin der Manipulation. Sie wollte mich als Werkzeug ihrer Opfer-Legende nutzen, die auch knapp 20 Jahre nach der Erstveröffentlichung weiterhin bei »Amazon« für 1 Euro 99 zu kaufen ist.
Um die Sache abzukürzen: »Ricarda S.« hatte alle reingelegt. Ihre »Beichte« ist eine PR-Schrift für den Satanskult und ihre damalige Tätigkeit beim Essener »Sekteninfo« nutzte sie, um psychisch angeschlagene Jugendliche als Nachwuchs für ihren Kult zu rekrutieren. Sie saß praktisch an der Quelle.
Kurz vor Drucklegung meines Reports über »Ricarda S.« in MARABO konfrontierte ich die einstige »Sekteninfo«-Leiterin im Beisein von »Ricarda S.« mit meinem Recherche-Ergebnis. Die Reaktion darauf kann sich jeder vorstellen: schweigende Betroffenheit. Konsequenz: »Ricardas« Karriere als Mitarbeiterin des »Sekteninfos« war zu Ende.
Ich habe dieses Buch selbst gelesen und finde, dass es sehr gut geschrieben ist denn Ricarda hat interessante Themen sehr gut und ausführlich geschrieben, hingegen andere Szenen, welche mir nicht sehr wichtig erschienen hat sie nur nebenbei erwähnt. In diese Erlebnisse konnte man sich wirklich ausereodentlich gut hinein versetzen und man hat sich als Teil dieses Geschehens gefühlt. Dennoch finde ich diese Lebensgeschichte spannender und auch viel misteriöser als andere. Auch finde ich es sehr traurig, dass es solche Menschen gibt, die so wie diese gehandelt haben und habe großen Respeckt vor Ricarda, da sie sich auch noch traut dieses Geschehen auf Papier zu bringen un es dann zu veröffendlichen!! Ich kann dieses Buch nur weiterempfehlen, da man dadurch einen guten Einblick oder auch eine neue Sicht von dem Satanismus bekommt.
[...] Die 2005 eingestellte Zeitschrift Marabo enttarnte damals einen der Satanisten in Bochum – einen Amtmann der Gemeinde. Auch heute finden sich noch Spuren davon im Netz, die der Geschichte im Nachhinein noch eine neue Dimension geben: [...]
[...] Die 2005 eingestellte Zeitschrift Marabo enttarnte damals einen der Satanisten in Bochum – einen Amtmann der Gemeinde. Auch heute finden sich noch Spuren davon im Netz, die der Geschichte im Nachhinein noch eine neue Dimension geben: [...]