CUI BONO II
13. September 2008 | Von admin | Kategorie: FotografieWie lange dauert ein Augenblick? Dauert ein Augenblick solange wie ein Wimpernschlag, handelt es sich dabei um einen Bruchteil einer Sekunde? Wer weiß das schon? Auf die Fotografie übertragen ist diese Metapher modern, seit MAGNUM–Mitgründer Henri Cartier-Bresson sie in die Welt setzte und dem theoriearmen Genre weiterhin die Überschriften liefert. „Der perfekte Augenblick“, „der entscheidende Augenblick“ - Augenblick mal, hat die Fotografie kein anderes Problem als der Wiederkehr des ewig Gleichen das Wort zu reden? Zur Erinnerung: Wir schreiben das Jahr 2008.
Das größte Dilemma ist ein anderes, das sich in Katalogbeitragen zur Fotografie in erster Linie Kunsthistoriker zu Wort melden, die mittels eines beliebig austauschbaren Repertoires an Satzbausteinen den Schein von Fachkenntnis vor sich hertragen. Da „fluoriszieren“ die Bilder nur so „zwischen Abbild und Konstruktion, zwischen Realität und Vision.“ Bedenklich oft „oszilliert die Anschauung“, versuche mir das bildhaft vorzustellen, da wird „transformiert“ und „konstruiert“. Baudrillard ist das jedenfalls nicht. Und wer gar nicht mehr weiter weiß, zitiert Foucault. Der kommt immer gut.
Im Katalog „Konstruktion und Wirklichkeit“ von Andreas Ren hat der Textautor die Überschrift gewählt: „Auf der Suche nach dem perfekten Augenblick“. Da ist sie wieder. Die Überschrift ist insofern erstaunlich falsch, weil der Großteil der im Katalog gedruckten Fotografie Zwielichtaufnahmen sind. Wer im Niemandsland des Zwielichts fotografiert braucht Geduld. Und dieses Geduldsspiel dauert zufälligerweise ein paar Minuten länger als einen Augenblick.
Technisch hat Bochumer Fotograf Andreas Ren einen hohen Standard. Inhaltlich jedoch haben die drei Werkgruppen einige Schwächen, formal ist die verwendete Strenge der Zentralperspektive überstrapaziert. Mein Kritikpunkt: Bis auf die in Photoshop manipulierten Fotografien drängt sich der Eindruck auf, sie aus anderen Zusammenhängen zu kennen. Woher das kommt?
Meine These: Das Kosten-Nutzen-Denken, nicht eher den Finger krumm zu machen, bis sich ein Abnehmer für die Arbeit gefunden hat, lässt Fotografen auf Nummer sicher gehen und bremst und begrenzt sie bei der Themenwahl. Ein Thema ist nur dann noch fotografierenswert, wenn es sich verkaufen lässt. Dies führt zur Inhaltsleere, zu Zitaten und Selbstzitaten, zu einer designten, „formaljuristischen“ Sichtweise.
