GONZO
5. September 2008 | Von admin | Kategorie: FotografieHunter S. Thompson? Nie gehört! Den lapidaren Halbsatz hört man öfter, wenn von diesem genial-verrückten Kultschreiber die Rede ist, der seine literarischen Gewehrsalven genüsslich auf die bigotte US-Gesellschaft feuerte. Für Sven Pacher ist Thompsons literarisches Werk der richtige Stoff, um in seiner Diplomarbeit an der Ruhrakademie „einmal richtig die Sau rauszulassen“. Im Zentrum steht der Roman „Fear and Loathing in Las Vegas“. Ein fiktiv-authentischer Drogentrip aus der Flower-Power-Hippie-Ära, den Pacher in sieben großformatigen „Gonzo“-Illustrationen in die Jetztzeit transferiert.
Am 20. Februar 2005 wählte Hunter S. Thompson den Freitod. Wie sein Idol Ernest Hemingway jagte er sich eine Kugel in den Kopf. Konsequenz einer gelebten Sehnsucht nach anarchischer Freiheit? Als Anarcho-Journalist wühlte der Doktor der Literaturwissenschaft im Sumpf von Politik und Gesellschaft. Er schrieb über die berüchtigten „Hell’s Angels“, über Muhammad Alis und George Foremans „Rumble in the Jungle“, über republikanische Kriegstreiber, den Watergate-Skandal. Er betrachte das Leben als Laborexperiment, soff, schluckte Drogen, paffte, ging in Bordelle, zur Jagd. Bewundert, gehasst, visionär, menschenscheu, Außenseiter: jemand, der zuviel Hemingway gelesen hat? Jedenfalls vermuten das Thompsons Nachrufschreiber, denen Thompson als Urvater der Ich-Perspektive im Journalismus den ganzen Ärger mit den Bloggern eingebrockt hat. Ohne Thompsons rotzigen Schreibstil gäbe es weniger Blogger, ohne Blogger mehr Zeitungleser, ohne Thompson weniger Kolumnisten.
Als Sechzehnjähriger sah Sven Pacher zum ersten Mal die Romanverfilmung von Thompsons „Fear an Loathing in Las Vegas“, auf Deutsch: „Angst und Schrecken in Las Vegas“. Jahre später verschlingt Pacher das literarische Werk des „Gonzo“-Journalisten, wobei der Begriff „Gonzo“ einer Erklärung bedarf. Er bezeichnet jemanden im irischen Slang, der nach einem exzessiven Saufgelage als letzter stehen bleibt.
Den künstlerischen Bogen zu Sven Pachers „Gonzo“-Illustrationen zu spannen, ist gar nicht so abwegig. Er stellt sich selbst in den Mittelpunkt der Illustrationen, ist das Alter Ego der Romanfigur „Raoul Duke“, die wiederum als Stilisierung von Hunter S. Thompson zu verstehen ist. Pacher: „Ich will so den Rahmen von Illustrationen sprengen.“
Dazu greift der 27-jährige Ruhrakademie-Diplomand auf Schlüsselszenen des Kultromans „Angst und Schrecken in Las Vegas“ zurück, in denen er sich in das Wunschdenken von „Raoul Duke“ alias Hunter S. Thompson hineinversetzt und dessen radikale Was-solls-Einstellung zulässt. Als „Gestalterdrogen“ nutzt Sven Pacher einen Mediencocktail aus Low-High-Tech: Computer, Fotos, Tusche, Acrylfarbe, Transparentfolie, übermalt Fotos, kopiert sie, übermalt sie, bearbeitet sie wieder am Computer. „Alles wird ausprobiert.“
Illustrationen © Sven Pacher




