ZAN
15. August 2008 | Von admin | Kategorie: FotografieIn ihrer Abschlussarbeit im Fach Kommunikationsdesign behandelt E. M. das Thema „Zan“, die Lebenssituation von Frauen in der islamischen Republik Iran. Eine Arbeit, deren inhaltliche Brisanz im Detail steckt und aus einem eurozentrischen Blickwinkel betrachtet zwangläufig zu Irritationen führen muss. Nach Berichten von hierzulande lebenden Kritikern des iranischen Mullahregimes und nach Aussagen von international tätigen Menschrechtsorganisationen gelten Iranerinnen als Menschen zweiter Klasse. Nahezu rechtlos müssen sich Frauen der Mullahwillkür unterordnen. Grundlage hierfür ist eine geschmeidige Auslegung des Korans, aus dem die politischen Machthaber im Iran ihre rückwärtsgewandten Sittengesetze ableiten. Diese Gesetze liegen wie ein Angstschleier über dem Land am Persischen Golf.
Die 1979 von Khomeini angefeuerte islamische Revolution besiegelte das Ende der repressiven Schah-Herrschaft. In der Folge begann das Mullahregime einen systematischen Feldzug gegen Andersdenkende, Apostaten (zum Christentum konvertierte Muslime), Homosexuelle und Frauen. Abzulesen ist dies an der Zahl der Hinrichtungen und Todesurteile, der überproportional hohen Zahl an Verhaftungen und Inhaftierungen. Nach einer Statistik von Amnesty International werden nach China die meisten Todurteile im Iran vollstreckt. Menschenrechtverletzungen wie Folter, Vergewaltigung, das Abtrennen von Gliedmaßen, das Steinigen von Ehebrecherinnen zählt zu den Strafmethodiken der Machthaber.
Als westlich dekadent wird von den Sittenwächtern gedeutet, wenn Frauen in der Öffentlichkeit das Haupthaar zeigen, sich die Fußnägel lackieren, im Winter Stiefeln tragen. Die Aussage einer Frau vor Gericht muss von zwei Männern bestätigt werden. Frauen müssen in einen Linienbus hinten einsteigen. Im Universitätsbetrieb nutzen Männer und Frauen verschiedene Treppenaufgänge. Zuwiderhandlungen werden nach dem islamischen Strafgesetzbuch hart bestraft.
Vor diesem kurz umrissenen Hintergrund hat die Diplomarbeit von E. M. eine eigene Qualität. Zur Realisierung reiste sie zurück zu ihren iranischen Wurzeln nach Teheran, der 14 Millionen Einwohner zählenden Hauptstadt, in der sie mehr als die Hälfte ihres Lebens verbracht hat. E. M. entschloss sich zu dieser Reise, um dem Zerrbild, das derzeit aus weltpolitischen Gründen vom Iran gezeichnet wird, eine subjektiv gefärbte Innenansicht entgegenzusetzen. Als Muttersprachlerin, Muslima, hat sie andere Zugangsmöglichkeiten, denn jemand, der von außen auf die iranische Gesellschaft blickt. Das überraschende Ergebnis ihrer Diplomarbeit ist das Aufzeigen einer subversiven Kraft, mit der sich Iranerinnen ihre Freiräume im Alltag schaffen und mutig versuchen, das System zu unterlaufen.