Trilemma
1. November 2015 | Von admin | Kategorie: FotografieDas Nachdenken geschweige denn das Denken über Fotografie sollte man als Verursacher von Fotografien besser nicht übertreiben. Experten reagieren nervös, wenn ein Analphabet in ihr Staatsgebiet dringt, ohne sich zuvor einem Einbürgerungstest für Zuwanderer zu unterziehen. Die Illusion, es gebe eine Art Schengen-Abkommen, das den freien Grenzübertritt in ein anderes fachliches Staatsgebiet zuließe, scheint vom Leichtsinn genährt, der leicht den Sinn für die Konsequenz von Abwehrreaktionen verkennt. Dieses Wagnis scheint es dennoch wert, über einen Holzweg die grüne Grenze zu passieren.
Im Reich des Lichtes weist die Kompassnadel auf einen ortlosen Lichtort, den ein Astronom vor einigen Erdumdrehungen auf den Namen »Fotografie« taufte. Ein wiederentdecktes Atlantis sah dieser Astronom vor seinem inneren Auge, voll des Zaubers einer offenen Gesellschaft, wo jeder Fotografie-Verursacher per simplem Knopfdruck mit einem schwindelerregenden Maximum an künstlerischen Fertigkeiten und verstandesmäßigen Eigenschaften ausgestattet ist. Dieser Maximalausgestattete kann mit Licht schreiben, mit Licht malen, mit Licht zeichnen, ohne in die Sphären dieser Kulturtechniken vorzudringen. Es mag sein, dass dieser Astronom von der Strahlkraft seines Trilemmas ergriffen war. In Abwesenheit von Widerlegungen dieser Verschwörungstheorie bedienen sich derer jene, die nicht immer wissen, was sie per Knopfdruck tun, jedoch die Vorstellung hegen, ihrer künstlerischen Maximalausstattung fehle es einzig an einem Entdecker, der ihrer Egotechnik kulturellen Glanz verleiht.
Meine stotternde Erzählung folgt der Gebrauchsanweisung des Neuromarketings, das technische Dinge personalisiert, einem Linienbus auf die Heckscheibe klebt: „Ich bin ein Hybrid“, der saubere Abgase in die Atemluft bläst, einen Leihwagen die Kunde verbreiten lässt: „Ich bin für 65 € am Tag zu mieten“. Auf diesem verflachten Untergrund hätte »Fotografie« die Funktion einer reinen Mutter, deren personalisierter Sohn »Fotoapparat« die Existenz eines Edelstrichers führt, der jedem, dem abgründigsten und dem kulturell höchsten Begehren einen Dienst erweist. Angesichts dieser Totalität des abbildenden Begehrens gründelt eine geschwätzige Sprachlosigkeit zuständiger Experten nach dem Warum. Ihr zähmendes Wort vom „visuellen Analphabeten“ folgt dem Drang, ihr Staatsgebiet an Metaphern und modernen Mythen vor etwaigen Widerlegungen abzuschotten.