MIKHAEL SUBOTZKY
9. Juni 2010 | Von admin | Kategorie: Fotografie
Südafrika – Fernsehen, Druckmedien und Netz präparieren die Konsumenten für das Spektakel um die »flatternde« Kunststoffkugel von adidas: Sondersendungen, Themenseiten, Themenabende, Diskussionsrunden, Spielfilme richten den Fokus auf das einstige Apartheid-Regime, das vor 16 Jahren für erledigt erklärt wurde. Der unterschwellig drohende Ton der Berichterstatter ist kaum zu überhören: Südafrika ist landschaftlich fantastisch. In den Großstädten wie Kapstadt und Johannesburg kann es aber für Touristen sehr gefährlich werden. Auf der nach oben offenen Richterskala soll Johannesburg die Welthauptstadt der Kriminalität, von Mord und Todschlag sein. Ein düsteres Prädikat. Der deutschen Elf wird von einem englischen Kommentator empfohlen, auf dem Hotelgelände schusssichere Westen zu tragen. Solche Bedenken, Prognosen, Prädikate und Vorhersagen produzieren Aufmerksamkeit und Unsicherheit. Darin schwingt die Skepsis, ob der staatlich verordnete Rassismus tatsächlich zu den Akten gelegt wurde, die Einwohner sich nun fröhlich in den Armen liegen, als wäre die Apartheid für sie nur ein böser Traum gewesen - oder ob die Apartheid weiter existiert.
Südafrikanische Fotografen zeichnen schon lange ein Bild hinter den PR-Kulissen. Guy Tillims »Jo’burg« ist zu nennen. Pieter Hugo vielleicht, weil er sich eher mit afrikanischer Archaik beschäftigt. Roger Ballens humoristisch inszenierte auf Buren-Porträts. Neben dem Mittfünfziger Tillim ist für mich Mikhael Subotzky, Jahrgang 1981, der auffälligste Dokumentarist des in Südafrika weiterhin existierenden Rassismus. Doch leider ist die Arbeit des gebürtigen Kapstädters noch zu wenig bekannt, als dass er in einem Atemzug mit Guy Tillim oder Pieter Hugo genannt werden könnte.
Erkennbar ist das für mich, dass auf der Homepage des geschätzten Buchhändlers Markus Schaden als einziger Publikationsverweis auf Subotzky der Ausstellungskatalog »Zeitgenössische Fotokunst aus Südafrika« (Edition Braus, 2007) des Neuen Berliner Kunstvereins eine Erwähnung findet. Dabei zeigt Subotzky in der Publikation »Beaufort West«, 2008 bei Chris Boot Ltd erschienen: Das südafrikanische Trauma der Apartheid ist weiterhin existent: Er zeigt dies an vor allem in seinen intensiven Gefängnisaufnahmen. Im kollektiven Gedächtnis des Landes widerspiegelt sich die menschenverachtende Geschichte des Landes im Bild der abgeschotteten Gefängnisse.
Inspiriert von David Goldblatts »In Boksburg« (1982) richtete Subotzky sein Interesse auf die Kleinstadt Beaufort West, wo nach seiner Einschätzung die ökonomischen und sozialen Probleme Südafrikas exemplarisch zum Ausdruck kommen. Im Zentrum der Kleinstadt steht das Gefängnis - umgeben von einem Kreisverkehr. Ringsherum stehen als trostlose Bürgerhäuser getarnte Legobauten. Abseits davon und in die staubige Landschaft gesetzte Armenquartiere.
Subotzky zeigt in lichtgedämpften Bilden leere Suffgesichter, Kriminalität, Gefangene, marginalisierte Schwarze, die auf Müllhalden nach verwertbaren Resten suchen, weiße Farmer hoch zu Ross. Ein trostloses Bild von Südafrika, das den Rummel um die Fußball-WM leise kontrastiert.
2007 wurden Mikhael Subotzky und Jakob Aue Sobol (»I, Tokyo«) von der Fotoagentur MAGNUM aufgenommen.
Das Museum Goch am Niederrhein zeigt in der aktuellen Ausstellung »South African Photography / Südafrikanische Photografie 1950-2010 / Apartheid - Struggle – Democracy« neben anderen Fotografen auch die sozialdokumentarische Positionen des Kapstädter MAGNUM-Nominee.
http://www.museum-goch.de/index.php?id=12