HECKHOFF V
12. Mai 2010 | Von admin | Kategorie: Fotografie
Am 20. Mai 2010 soll am Landgericht Aachen der Prozess gegen die Ausbrecher Michael Heckhoff und Peter Paul Michalski beginnen. Ebenfalls angeklagt ist ein 40-jähriger Schließer, der den Gefangenen die Flucht aus der JVA Aachen ermöglicht haben soll. Viel Stoff für 17 anberaumte Verhandlungstage, an deren Ende ein kaum überraschender Richterspruch der 8. Großen Kammer stehen wird. Heckhoff und Michalski, laut SPIEGEL ONLINE »zwei der brutalsten deutschen Schwerverbrecher und Mörder«, haben schließlich das Justizsystem der Lächerlichkeit preisgegeben und mit ihrer Flucht einen zornigen Polizeiapparat in Gang gesetzt, dem es im Fluchtfinale in ländlicher Idylle gelang, Michalski von einem Damenfahrrad zu rammen.
Als Reprise pariert das Justizsystem mit Blendwerk. Hartnäckig behauptet es, das Verbrechen einzudämmen. Tatsächlich ist es Miterzeuger krimineller Milieus – und das unter der Burka der Resozialisierung.
Heckhoffs Rechtsanwalt Rainer Dietz soll in einem zweiten Verfahren wegen »Geldwäsche und Urkundenfälschung« (SPIEGEL ONLINE) auf die Anklagebank. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, Dietz hätte sich, Zitat: »mit gefälschten Unterlagen Zugang zu Untersuchungshäftlingen erschlichen und versucht, die Mandate zu übernehmen; vorzugsweise in spektakulären Verfahren. Darüber hatten sich andere Anwälte beschwert.«
Zufall? Eine zufällige Verkettung von Trugbildern, bevor das Rampenlicht im Aachener Justiztheater aufleuchtet, sich der Vorhang öffnet, die raunende Reflexion des Schlussaktes mit angespannter Stimme anhebt? Dafür spricht die Stammtischparole: Heckhoff und Michalski seien »zwei der brutalsten deutschen Schwerverbrecher und Mörder«. Wer Einspruch gegen diese Art »Qualitätsjournalismus« erhebt, das hinterhältig beschworene SPIEGEL-Prädikat ist in der deutschen Geschichte für Himmler, Heydrich, Höss, Eichmann und Konsorten reserviert, wird in die Ecke der Komplizenschaft mit den Ausbrechern gedrängt.
Es geht heiß her im ehrenwerten Geschäft der Strafverteidiger um öffentlichkeitswirksame Delinquenten. Ganz gleich, was Dietz zur Verteidigung von Heckhoff vorträgt, die orakelnde Staatsanwaltschaft wird seine Strategie um der Staatsräson willen anzweifeln. Die angezeigte Anwalt-Konkurrenz wird dies genussvoll zur Kenntnis nehmen.
Derweil genießen zwei Schreiber der Aachener Zeitung ihren Ruhm. Sie haben von Heckhoffs und Michalskis Fluchtverhalten profitiert. Ihre Texte nominierte ein Preisgericht beim Henry-Nannen-Preis in der Kategorie »Beste investigative Leistung«.
Enthülltes Verbrechen lohnt sich, denn es generiert Aufmerksamkeit - ganz gleich, für wen.