ANTOINE D’AGATA
2. Februar 2010 | Von admin | Kategorie: Fotografie
Die von manch einem Ignoranten für unzeitgemäß gehaltene Fotoagentur MAGNUM ist meines Erachtens innovativer als die auf Hochglanz polierte Langeweile aus deutschen Landen. Was will man auch erwarten, wenn sich hierzulande ein Stil etabliert hat, der die freudianische Nabelschau zum braven Selbstzweck erklärt hat? Wie wäre es mal mit einer anti-ödipalen Fotografie, wie wäre es, sich vom angeketteten Höhlenmenschen und seinem Mutterkomplex zu verabschieden und sich mal in die wesentlich spannendere Position des lauernden »fotografischen Tiers« zu begeben?
Bei der Paris Photo 2009 elektrisierte mich am MAGNUM-Stand das Tableau des Franzosen Antoine D’Agata. Er nennt es in Anlehnung an ein Sartre-Stück »Geschlossene Gesellschaft«. Es zeigt auf wenigen Fotografien den Religionskrieg zwischen Palästinensern und Israels: düster und von beiden Seiten erbarmungslos ritualisiert. Eine tolle Arbeit, wenn diese politisch unkorrekte Bewertung überhaupt zulässig ist. Und gleichzeitig in der Motiv-Tradition von Susan Meiselas (Nicaragua)und Philip Jones Griffith (Dark Odyssey) angesiedelt. (D’Agata-Tableau siehe Photonews 2/2010, Seite 16-17).
D’Agata kommt aus Marseille. Seine Lichtstimmungen sind düster heruntertemperiert. Er fotografiert in Farbe und Schwarzweiß und wählt die Unschärfe als Stilmittel der Bewegung und Echtheit.
In seinen Büchern thematisiert er Sex und Drogenkonsum, literarisch beeinflusst von Hubert Selby (Last Exit Brooklyn) und William Burroughs (Naked Lunch), den anti-ödipalen Helden der US-Literatur, denen das extreme Selbstexperiment der kreative Treibstoff war.
Es heißt, im Alter zwischen 17 und 30 Jahren war Antoine D’Agata Punk. Er nahm Drogen, hing ab in ranzigen Bordellen. Eine Erfahrung, die ihn angeblich ständig einholt. In einer Rezension wird d’Agatas radikaler Existentialismus mit einer Reise ohne Ziel verglichen, dass er jemand sei ohne Heimathafen, ein Nackter – und seit 2004 MAGNUM-Fotograf.
Entrevista a Antoine D’Agata from Miguel Fernández (periodista me on Vimeo.