GOLDEN BLAZE
3. Januar 2010 | Von admin | Kategorie: Fotografie
Bei unserem Aufenthalt in Paris haben wir in Clichy gewohnt, in einem klassischen Touristenhotel ohne Komfort. Dafür hatten wir als Entschädigung einen wunderbaren Blick auf einen Prominentenfriedhof. Dort soll Michel Foucault begraben sein. Versuche, Foucaults Grab zu besuchen, gingen ins Leere. Besser, das martialische Eingangstor zum Friedhof blieb mir verschlossen. Und sonst? Nee, war schön sich in der einstigen Welthauptstadt des Fotojournalismus mal wieder umzusehen, von deren Goldglanz als Welthauptstadt allerdings wenig geblieben ist. GAMMA musste Insolvenz anmelden. MAGNUM? – keine Ahnung wie es MAGNUM geht.
Am Galeriestand von MAGNUM auf der »Paris Photo« ging es eher bescheiden zu. Eine ältere Dame blätterte das Portfolio von Bruno Barbey. Am Tisch, auf dem Repräsentierteller saß Elliot Erwitt, das ist der Mann mit der Trillerpfeife, gelangweilt, vielleicht auch enttäuscht, dass ihm so wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Was klar war, denn direkt gegenüber signierte Pieter Hugo, einer der Stars der »Paris Photo« sein neues Buch »Nollywood«. Alles wie gehabt, nur jeder Jahr anders. Martin Parr schlich auf Taubenfüßen, William Klein von eigener Wichtigkeit genervt, Roger Ballen ärztlich besonnen, Lucinda Devlin unverbindlich freundlich.
Nach knapp zweieinhalb Tagen in Paris bleiben ein paar fotografische Zeichen von halbgaren Gedanken, Fingerübungen, die Oberflächen von Zwischenräumen, zwischen flacher Nahrungsaufnahme aus dem Braukessel der Hexenküche, dem Bildergucken auf die verächtliche Geldwirtschaft. Was hätte Nietzsche zu den Waren-Inszenierungen gesagt? Ich mutmaße: »Man hat die Realität in dem Grade um ihren Wert, ihren Sinn, ihre Wahrhaftigkeit gebracht, als man eine ideale Welt erlog … Die »wahre Welt« und die »scheinbare Welt« - auf deutsch: die erlogene Welt und die Realität … Die Lüge des Ideals war bisher der Fluch über die Realität … bis zur Anbetung der umgekehrten Werte …«
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