EIGENTLICH
16. August 2009 | Von admin | Kategorie: AllgemeinAuch wenn es auf den ersten Blick so aussieht: Ich mache keine Reklame für den kommunalen Wahlkampf der Westerwelle-Partei. Mir geht es vielmehr um einen Hinweis, mit dem sich die Bochumer Liberalen den Wählern andienern. »Freunde für Bochum« steht auf den Wahlkampfplakaten und dass die Ratskandidaten die Videoplattform »youtube« für sich entdeckt haben -peinlich ist dafür eine viel zu harmlose Umschreibung.
Die jungen, fitten, unklompizierten, dynamischen und wirtschaftlich erfolgreichen Damen und Herren der FDP wollen also »Freunde« sein. Wessen »Freunde« wollen sie sein, mit welcher Absicht, unter welchen Vorzeichen? Auch in Freundschaft gilt die Ambivalenz der sozialen Geste. Angenommen, jemand gibt einem FDP-»Freund« seine Stimme, welchen Freundschaftsdienst erweist ihm dann der redegewandt radebrechende FDP-Politiker?
Handelt es sich bei dem Wähler um einen niedergelassenen Arzt, ist der Freundschaftsdienst der Einsatz für die Abschaffung der »Zwangskassen«, dem die FDP das Siegel der Freiheit aufdrückt. Die FDP will die gesetzlichen Krankenkassen abschaffen und eine Gesellschaft der Privatversicherten etablieren. Für niedergelassene Ärzte eine feine Sache. Die Ärzte-Kaste ist die Berufsgruppe mit dem höchsten Sozialprestige. Da versteht es sich von selbst, dass sich dieses Prestige auch monitär widerspiegeln sollte, schließlich retten Ärzte Leben; eins der schönen Missverständisse, mit dem die Berufgruppe gerne hausieren geht. Dass die Ausbildung eines Arztes - aus Steuergeldern - 500.000 Euro kostet und manch ein Chefarzt ein Millioneneinkommen einstreicht; da geht doch noch mehr.
Unter dem Schlagwort »Zwangskassen« subsumiert die FDPler auch die Künstlersozialkasse, für deren Abschaffung sie sich seit Jahren vehement einsetzen. Klar interessiert sich Guido Westerwelle für die Kunst von Neo Rauch. Wie steht es aber um das akademische Prekariat der Künstler, die weniger öffentlich beachtet ihrem Tagwerk nachgehen, dafür als gesellschaftliches Schulterklopfen schlecht bezahlt am Existenzminimum leben und sich erst recht keine private Krankenversicherung, Renten- und Pflegeversicherung leisten können? Pech gehabt. Das wussten die doch vorher. Den Beruf haben sie sich doch selbst ausgesucht. Hat sie irgendjemand dazu gezwungen?
Natürlich nicht. Zum Glück ist auch keiner dazu gezwungen, die Fallschirmspringer von der FDP zu wählen.