ROBERT CAPA
11. August 2009 | Von admin | Kategorie: FotografieIst Robert Capa, der hohe Priester der Kriegsfotografie ein Täuscher, ein skrupelloser Aufschneider, dem Ruhm und Erfolg wichtiger gewesen sind als die Einhaltung seines moralischen Postulats für einen sauberen Fotojournalismus? »Die Wahrheit ist das beste Bild« steht einmal mehr im Mittelpunkt einer fast 40 Jahre andauernden Debatte um den ungarischen Fotografen Endré Enrö Friedmann, Künstlername: Robert Capa. Hat der Magnum-Mitgründer sein bekanntestes Foto »Falling Soldier« aus der Zeit des spanischen Bürgerkrieges gefälscht – oder wie es heute in vornehmer Diktion heißt: inszeniert? Überprüfen lässt sich das nicht mehr. Capa starb 1954 bei seinem letzten Kriegseinsatz in Indochina. Und zu dem Foto, das im Magnum-Archiv unter der geheimnisvollen Bezeichnung »CAR 36004 W000X1/ICP 154« verschlagwortet ist, fehlt das Negativ - es gilt als verschollen. Womit genügend Raum für Spekulationen gegeben ist, Zweifel an der Echtheit der »erregendsten und unmittelbarsten Momentaufnahme des Krieges« (Richard Whelan) vorzutragen und an einem Mythos zu kratzen, der wahrscheinlich nie existiert hat.
Tatsächlich stecken in den Aussagen einige Widersprüche. So habe Capa 1936 »Im kurzen Sommer der Anarchie« Spaniens mit einer Leica fotografiert, die seltsamerweise noch gar nicht auf dem Markt war. Andere Spekulanten nennen Gerta Taro als Autorin des Fotos »Falling Soldier«. Die Stuttgarter Kriegsfotografin, seinerzeit Freundin des damals 22-jährigen Capa, starb im Juli 1937 bei einem Luftangriff der »Legion Condor«; auch sie kann keine Auskunft geben, ob das Capa-Foto echt ist oder eine falsche Behauptung darstellt.
Den Stein des Anstoßes hat der spanische Universitätsprofessor José Manuel Susperregui wieder ins Rollen gebracht. Bei Recherchen zu seinem Buch »Schatten der Fotografie« hat er die Topographie auf Capas legendären Foto untersucht. Susperregui will nach aufwändigen Untersuchungen herausgefunden haben, dass auf dem Gelände, auf dem der spanische Anarcho-Syndikalist Frederico Borrell Garcia am 5. September 1936 »starb«, zu der Zeit keine kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Franco-Faschisten stattgefunden haben. Demzufolge müsse das Foto eine von Capa inszenierte Choreographie sein. Der Soldat habe auf Capas Anweisung so getan, als sei er von einer tödlichen Kugel getroffen worden.
Unterschwellig wird in der Kultursendung »Titel, Thesen, Temperamente« (10.8.2009) auf Susperreguis baskische Herkunft hingewiesen. Und wer die Fernsehberichte der letzten Tage verfolgt, erhält Anschauungsmaterial, wie die baskischen Separatisten der ETA mit gezielten Bombenanschlägen den 50. Jahrestag ihrer Gründung »feiern«. Susperregui literarische »Bombe« gegen das spanische Nationalheiligtum, als das Capas Antikriegsfoto verehrt wird, explodiert pünktlich zum 70. Jahrestag nach Ende des spanischen Bürgerkriegs. Capa zu Ehren ist aus diesem Anlass eine Retrospektive im katalanischen Nationalmuseum in Barcelona zu sehen. Unter dem Titel: »Dies ist Krieg! Robert Capa bei der Arbeit.«